Gegen das Vergessen
Zwölf Stolpersteine erinneren an jüdische Familien aus Quadrath-Ichendorf
Sie sollen uns erinnern. Insgesamt zwölf Stolpersteine wurden jetzt in Quadrath-Ichendorf verlegt. Die kleinen, messingfarbenen Plättchen auf den Gehsteigen halten Erinnerungen an eine jüdische Familie wach, die fast komplett ausgelöscht wurde.
„Wir wurden wie Vieh behandelt. Geschlagen und getreten, hatten ständig Hunger und Durst”.
Was Schülerin Caro Beulke vorliest, beschreibt einen Teil des Lebens von Rosa Eckstein.
In einem Brief an ihre Schwester Hertha berichtet Rosa über die grausamen Zustände im Ghetto in Riga. Rosa Eckstein und ihre Schwester Hertha überlebten die Schrecken der Nazi-Zeit.
An das Schicksal der Eckstein-Schwestern und ihrer Familie erinnern nun fünf Stolpersteine an der Fischbachstraße 5.
Deportiert von Köln-Messe aus ging es zunächst ins Ghetto Riga, dann ins KZ. So erging es auch Sally Simons, der am 7. April 1900 in Ichendorf geboren wurde. 1941 wurde der Kaufmann mit dem ersten Transport von Köln nach Riga gebracht. Dort war er ein Jahr und kam dann ins Lager Salaspils. Nach einem weiteren Jahr kam er zurück nach Riga.1943 wurde das Ghetto Riga aufgelöst und Sally Simons wurde in das KZ Kaiserwald gebracht. In vier Jahren wurde er in viele verschiedene Lager verlegt. Keiner kann sich vorstellen, was er Grauenhaftes erlebt haben muss. Überliefert sind Briefe, die er seiner Schwester Ida und seiner Nichte in London schickte. Nach Kriegsende kehrte er als einer der drei einzigen überlebenden Bergheimer Juden in seine Heimat zurück. 1951 war er bereits Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr, Ehrenbürger von Quadrath-Ichendorf, Träger des Bundesverdienstkreuzes, Kommunalpolitiker, Schützenbruder und Mitglied im Radfahrverein „Staubwolke Quadrath“. Er starb am 7. Juli 1977 im Alter von 77 Jahren und ist in Quadrath-Ichendorf beerdigt. „Ich kannte ihn vom Sehen. Er hatte ein Blumengeschäft und war ein gutaussehender Mann“, erinnert sich Dorothee Daubner, die seit 1969 in Quadrath-Ichendorf lebt und gemeinsam mit einer Freundin zur Verlegung der Stolpersteine gekommen war.
Vor dem Haus an der Köln-Aachener Straße 181 erinnern nun fünf Stolpersteine an die Familie Simons.
Zwei weitere Steine verweisen am Katzenberg 2 auf August Krüll
und in der Sebastianusstraße 21 auf Heinrich Zehnpfennig.
August Krüll, 1889 in Düsseldorf geboren, wurde wegen einer Pneumonie zunächst von den Nazis in eine Heilanstalt eingewiesen. In der Tötungsanstalt Hadamar wurde er 1941 ermordet. Heinrich Zehnpfennig galt als „asozial“ und starb im KZ Buchenwald.
Seit 1992 gibt es das Projekt „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig. Gedacht wird mit diesem Projekt aller verfolgten und ermordeten Opfer des Nationalsozialismus. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, sagt Gunter Demnig, der in NRW schon 15.000 Stolpersteine verlegt hat. In Bergheim konnte der Künstler nicht anwesend sein. Dafür begleiteten viele Bürgerinnen und Bürger, Vertreter der Stadt, des Museums Bergheimat, des Heimat- und Geschichtsvereins Quadrath-Ichendorf sowie der Gesamtschule die Verlegung. In einem Projektkurs unter der Leitung von Lehrerin Elisabeth Amling hatten sich Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule im vergangenen Jahr mit dem jüdischen Leben in Bergheim beschäftigt. Sie lasen aus Briefen der Verstorbenen vor. Autor Manfred Bohn rezitierte Gedichte, bevor einige Zuhörer Rosen neben den Steinen ablegten.
bb