Mein Buchtipp für MQI - Juli 2024
Trophäe
Autorin: Gaea Schoeters
erschienen im Paul Zsolnay Verlag
Vorab: Dies ist eins der ungewöhnlichsten Bücher, die bisher gelesen habe. Das fängt bereits mit dem Zentralthema „Jagd“ an, für das ich mich bisher auch nicht im Geringsten interessiert habe. Doch das Buch wurde mir mit den Worten empfohlen: „Es ist in einer wunderbaren Sprache geschrieben, ja es handelt von der Jagd, aber am Ende wird es zum Krimi.“ Im Nachhinein betrachtet: Das mit der Sprache stimmt uneingeschränkt, die Autorin hat dafür auch den „Großen Preis Jan Wauters“ gewonnen. Doch zum Krimi wird das Buch nach meinem Beurteilung nicht, denn gemessen an den drei konstituierenden Elementen „Verbrechen / Ermittlung / Überführung, Bestrafung“ wird hier im Wesentlichen nur der erste Punkt behandelt.
Worum geht es: Der weiße amerikanische Großindustrielle, der von seinem Großvater – einem berühmt- berüchtigten Großwildjäger – von klein auf in den Traditionen und Regeln der Jagd geschult wurde, sieht Afrika als sein bevorzugtes Jagdrevier an. Hunter White (er heißt wirklich so!) hat eine der seltenen Lizenzen zum Abschuss eines Nashorns bekommen. Dabei unterstützen ihn der weiße Jagdführer und Mitglieder eines eingeborenen Stammes, die auf Jahrhunderte alte Erfahrungen in ihrem Jagdgebiet zurückgreifen können. Die Jagd gelingt, daher bittet der Stamm ihn um Hilfe gegen einen extrem gefährlichen Büffel, der die Gegend unsicher macht.
Bei dieser Jagd tut sich einer der einheimischen Gehilfen in besonders positiver Weise hervor. Urplötzlich blitzt bei Hunter die Idee auf, wie herausfordernd es wäre, diesen zu jagen, um sich mit ihm zu messen. Kurz wird dieser Gedanke von der abendländisch-christlichen Ethik zurückgedrängt, wird dann aber immer dominanter, zumal überraschenderweise am Ende auch der Stamm dieser Idee zustimmt.
Die Jagd beginnt. Und dem einheimischen Gehilfen gelingt es immer wieder, die Spur des Gejagten aufzufinden. Bis dann die Dunkelheit hereinbricht und die erste Nachtruhe ansteht. Jetzt erst kommen beim Jäger beunruhigende Gedanken auf: Was ist, wenn sein Gehilfe mit dem Gejagten unter einer Decke steckt? Oder der Gejagte, der mit Pfeil und Bogen bewaffnet ist und sich mit den heimischen Pfeilgiften bestens auskennt, das Nachtlager findet und den Jäger tötet?
Plötzlich findet sich der Jäger in einer ihm bis dahin unbekannten Situation. Wer ist jetzt eigentlich der Jäger und wer der Gejagte? Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, um die Spannung zu erhalten – bis zum überraschenden Ende.
Wie gesagt: ein höchst ungewöhnliches Buch.
Dieter Sauer
ISBN: 978-3-552-07388-3