TeaserDer Planet Utopiana 

„Anschnallen“ lautet die freundliche, aber bestimmte Aufforderung von Lisa Herbst, einer der Regisseurinnen. Und dann beginnt das Drama. Oder die Utopie. Oder Dystopie?

Die Erde ist hinüber. Zerstört von den Menschen? Zwei Frauen und ein Mann retten sich auf eine Forschungsstation, ihre Rakete startet in vier Tagen in Richtung eines Planeten, der die Rettung sein könnte: Utopiana. 

Was nehmen wir mit? 

Das Nachdenken darüber gerät zu einer philosophischen Tour d’Horizon. Natürlich hat man eine gigantische Festplatte im Reisegepäck, dummerweise fasst sie nicht alle Errungenschaften der Menschheit, also: Entscheidungen sind angesagt! Traditionen? Rezepte? Mythen? Sprachen? Tja, kann sein. Religion? Oha, da flammt die Diskussion auf: Hat der Kampf der Religionen die Menschheit nicht an den Abgrund getrieben? Aber: Religion kann Menschen verbinden, auch über Ländergrenzen hinweg, sagt Carlos, seine Muttergottes im Schlepptau. 


utopiana

Susanne Korreck, Svenja Gaab, George Hadad


Musik muss natürlich mit! „Imagine“ von John Lennon irrlichtert durchs Stück, mal im Original, mal in einer Heavy Metal Version, dann als Reggae, als Instrumental mit Choreo, als Funk: 

“Imagine there's no countries
It isn't hard to do
Nothing to kill or die for
And no religion, too”

Die Hymne einer besseren Gesellschaft! 

Bald schließen sich andere Kult-Songs an: Bella Ciao, die Partisanenhymne, Kalinka, das russische Liebeslied, selbst „Dat is Heimat, dat is Kölle“ von den Räubern treten die Reise nach Utopiana an. Hoppla: Wo bleiben eigentlich die orientalischen, muslimischen, türkischen, arabischen Songs? Eine musikalische Ausgrenzung?

Die Figuren im Stück – oder sind es die Schauspieler? – offenbaren ihre Sehnsüchte: „Vielleicht sollten wir eine einzige Sprache für die Utopianer erfinden – dann kann es doch keine Kriege und keinen Hass mehr geben! Ich mag deutsche Pünktlichkeit, aber auch die Gastfreundschaft anderer Völker. Kann man das nicht verbinden?“

Carlos: „Mit der Verbindung der Völker ist es nicht so einfach. Jede abfällige Bemerkung über mich als ausländisch aussehender Mensch ist wie ein Mückenstich. Ein einzelner macht nichts, aber die Vielzahl ist rassistisch und trifft ins Mark: ‚Wo kommt du denn her?‘ ‚Aus Bergheim!‘ ‚Nein, woher kommst du wirklich?‘“ 


Herbst Mock

Lisa Herbst, Maria Mock


Das Problem ist nicht die Vielfalt, sondern die Angst davor! Vielfalt und Unterschiedlichkeit gehören zum Menschen!

Diese Inszenierung ist eine Sensation! Sie kommt beschwingt um die Ecke, beginnt mit einem netten, fast naiven Video, zeigt gut gelaunte Schauspieler*innen und hält einem dann einen Spiegel vor, der einem die Sprache verschlägt: Was ist mit uns Menschen los, mit uns Kriegern, Rassisten, Besserwissern? Glauben wir wirklich, dass es einen fernen Planeten gibt, auf den wir uns retten können? Die Antwort ist: Nein! Utopiana ist hier. Nur hier können wir unsere Probleme lösen. Fangen wir endlich an!

Eine Theaterproduktion von ASH-Sprungbrett / Querquadrath
Darsteller*innen: George Hadad, Svenja Gaab, Susanne Korreck
Regie: Lisa Herbst, Maria Mock
Videoschnitt: Kerstin Rilke 
Kostüme: Ludmilla Engel 
Technische Unterstützung: Harald Bous
Lichtkonzept: Anika Kresken
Für das Team von Gleis11: Katharina Krosch

 

Bernd Woidtke